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„LEISE WIEGT DICH DEINER MUTTER HAND“

WIEGENLIED in Wien am 20. und 21. November 2015

HEIA MEI DIANEI TUA SCHLAFN

Projekt Wiegenlied / Taxenbach

7. bis 9. November 2014

Das Wiegenlied ist so alt wie die Menschheit. Seit jeher versuchen Menschen/Mütter, ihre Kinder mit Singen zu beruhigen und zum Einschlafen zu bringen. So schwer ist es, als Säugling einzuschlafen, nach aufregenden Stunden des Lernens, Erfahrens, der Weltaneignung. Was macht es so schwer einzuschlafen? In den Liedern, die das Wiegen des Kindes rhythmisch imitieren, geht es meist um die Versicherung, am nächsten Morgen wieder aufzuwachen, dass alles gut sei und keine Gefahr bestehe. Denn unsere Welt muss dem Kind wohl gefahrenvoll erscheinen, fremd und bedrohlich - das Einschlafen als ultimatives Ende des Erdendaseins.

Wiegenlieder zu singen wie Gondellieder zur Überfahrt vom Wachen ins Träumen auf schaukelnden Kähnen, ist eine Kunst, die sich immer wieder erneuert, sich immer wieder den Unsicherheiten und Ängsten ihrer Zeit stellt und sanft und liebevoll Vertrauen schenkt.

Singen wir heute Wiegenlieder, um uns in unseren Ängsten Mut zu machen, Vertrauen zu gewinnen trotz vieler Unsicherheiten und Bedrohungen. Singen wir heute Wiegenlieder, um am nächsten Morgen aus friedlichem Schlaf gestärkt aufzuwachen und die Herausforderungen des Lebens erneut anzunehmen. Singen wir heute Wiegenlieder nicht nur für die Kinder, sondern für uns alle.

Das Projekt „Wiegenlied“ ist Teil der künstlerischen Intervention „Requiem-Lampedusa“. Der Impuls zu dieser geht zurück auf eine Zeitungsmeldung im Standard vom Oktober 2013, wo in einem Bericht über die Flüchtlingskatastrophe von Lampedusa der Tod einer Mutter mit ihrem Neugeborenen erwähnt wurde. Im Gedenken an die Mutter und an dieses Kind und an all die Wiegenlieder, die ihm nicht mehr gesungen werden konnten, ist das Wiegenlied ein Teilaspekt eines in Arbeit befindlichen Requiems. Das hier eingereichte Projekt „Wiegenlied“ ist ein aus dieser Idee erwachsenes, aber eigenständiges Projekt.

1. Sammeln

Die Stimme ist das erste Instrument des Menschen überhaupt. Sie hat gleichzeitig am stärksten mit dem eigenen Körper zu tun, das heißt die Singerfahrung und die Körpererfahrung hängen unmittelbar miteinander zusammen. Und das ist auch der Grund dafür, dass wir alle das Bedürfnis haben, uns über die Stimme mitzuteilen. Bezogen auf die Frage, wie man diese Anlage befördern kann, würde ich sagen: Das geht nur, wenn das Kind zum frühest möglichen Zeitpunkt erfährt, dass Singen eine wesentliche Tätigkeit ist, um sich frei zu äußern.

Hans Bäßler, Vizepräsident des Deutschen Musikrats, in

http://www.zeit.de/kultur/musik/2009-11/hans-baessler-wiegenlieder

(9. Februar 2014)

Welche Wiegenlieder werden / wurden in der Gemeinde gesungen?

BewohnerInnen werden zu Tonaufnahmen eingeladen. Die so entstandenen Tonaufnahmen können bei Einwilligung der SängerInnen auch für das Projekt Requiem-Lampedusa (http://www.requiem-lampedusa.net) weiterverwendet werden.

2. Zeigen

In dem Moment, in dem ich singe, insbesondere, wenn ich in Gruppen singe, fühle ich mich stärker. Ich fühle mich aufgehoben. Singen ist gleichzeitig ein Ausdruck der Freiheit. Das lässt sich vergleichen mit dem Gesang der Vögel. Diese Freiheit des Vogels, dass ich im Singen selbst entscheiden kann, macht mich gleichzeitig stark.

Hans Bäßler, ebd.

Die im Schritt 1 gesammelten und für Vokalensemble aufbereiteten Wiegenlieder werden gemeinsam gesungen, alle sind zum Mitsingen und –entdecken eingeladen. So wird das intime Wiegenlied aus der privaten Atmosphäre des Kinderzimmers in die Öffentlichkeit projiziert und erhält eine zusätzliche politische Dimension: Die persönliche, interaktive Zuwendung, die das Kind als selbstbestimmten Menschen stärkt – im Gegensatz zu einem passiven Eingelullt-Werden mittels elektronischer Medien (von der Einschlaf-CD bis zum Einschlaf-TV).

3. Schaffen

Wiegenlied-Werkstatt (vokal & instrumental) A

Welche Lieder wollen wir einander heute vorsingen? Was brauchen wir, um beruhigt, gestärkt und vertrauensvoll einzuschlafen?

Gemeinsam mit MusikerInnen und LyrikerInnen werden neue, zeitgemäße Wiegenlieder erarbeitet und aufgeführt. Lieder, die wir füreinander singen, die uns Mut machen – ob Kind oder Erwachsener.

Wiegenlied-Werkstatt B

Mit Kindern einer Kindergruppe (Kindergarten, Volksschule) werden folgenden Fragen erläutert: Welche Klänge und Geräusche empfinden wir als angenehm / beängstigend / beruhigend / ... ? Was macht uns stark? Was schwächt unser Vertrauen?

Die eruierten Klänge und Geräusche werden in eine „Wiegenlied-Klangwolke“ komponiert (Tonaufnahme).

4. Übertragen

Das Wiegenlied als Metapher für künstlerische Äußerungen in weiteren Medien neben der Musik

KünstlerInnen aus anderen Disziplinen (zum Beispiel Bildende Kunst, Tanz/Theater, Video/Film, ...) werden zur Mitwirkung eingeladen und geben Impulse zur kreativen Produktion in der Auseinandersetzung mit dem Wiegenlied-Thema.

Projektleitungsteam

Wolfgang Seierl (Musiker, Komponist und Bildender Künstler)

Veronika Humpel (Musikerin, Komponistin und Chorleiterin)

26.09.2014